Choreographie
Press Releases, 21.05. – 02.07.2011, Ausstellungsraum Essays and Observations, Berlin
Susanne Kohler, Maureen Jeram, Geoffrey Garrison, Vajra Spook, Paul McDevitt, Declan Clarke
Die Galeristen wurden Choreographen, das Ausstellungkonzept zur Choreographie. Im Kopf der Besucher von "Press Releases" hüpfen die Gedanken hin und her. Was war zuerst da? Kunstwerk oder "Press Release"? Text und Werk sind zwar einander zugeordnet, haben aber auf den ersten Blick nichts und auf den zweiten ein wenig miteinander gemein. Das irritiert. Handelt der Text vom Kunstwerk oder nicht? Als "Press Releases" getarnt, liegen die Texte an der dafür üblichen Stelle aus. In dieser Funktion sind sie nicht zu gebrauchen, denn Künstlernamen, Ausstellungstitel und Ort sind durch XYZ, XXX und ZZZ ersetzt. Auch sind die Texte irritierend eigenständig. Sind sie Kunstwerke? Texte und Kunstwerke sind für sich vielschichtig. Als Partner werden sie noch vielschichtiger. Eine Ausstellung über Kunstrezeption und Ausstellungmachen.
Beschreibung
Räume
2 hintereinander liegende kleinere Räume.
Exponate
Bei dieser Ausstellung gibt es 5 Exponate im herkömmlichen Sinn: Skulptur (Maschine), Malerei, Toninstallation, Zeichnungen, Diaschau. In dieser Ausstellung werden außerdem die Pressemitteilungen selbst zum Exponat. Die "Press Releases" "One", "Two", "Three", "Five", "Six" liegen als Textkopien (auf weißem Papier) auf der Fensterbank. Das Exponat "Four" ist ein Bindeglied zwischen den hier ausgestellten Werken Bildender Kunst und Textkunstwerken: Der Text "Four" – auf edles graues Papier kopiert – liegt auf einem weißen Sockel.
Bei den Texten sind alle für die Funktion eines "Press Releases"
wichtigen Angaben durch Buchstabenkürzel ersetzt: XYZ steht für den
Künstlernamen, XXX für den Ausstellungstitel, ZZZ für den
Ausstellungsort. Jeder der Texte ist einem Kunstwerk zugeordnet. Auf den
ersten Blick haben Text und Kunstwerk nichts miteinander gemein.
Einzelne Textpassagen bieten Anknüpfungspunkte zum zugehörigen
Kunstwerk. Der Text "Four" nennt den Künstlernamen. Der Stil der Texte
differiert leicht von hymnisch über wissenschaftlich und geht über den
Kunstbereich hinaus.
Die
geplante Choreographie hinter dem Ausstellungskonzept sah vermutlich so
aus: Ein Besucher wird zuerst die Exponate 1 bis 3 im vorderen Raum
betrachten und dann möglicherweise durch das Exponat 4 im hinteren Raum
irritiert werden. Dort ist auch der Tisch der Galeristen, so dass alle
möglichen Fragen sofort beantwortet werden könnten. Die Choreographie
der Ausstellung wird zu einem Tanz der Besucher zwischen Text und
Kunstwerk. Die Gedanken hüpfen hin und her. Was war zuerst da?
Beschreibt der Text das Kunstwerk? Oder ist das Kunstwerk nach dem Text
gebaut? Sind beide eigenständige Kunstwerke?
Sowohl die Texte als auch die Kunstwerke haben auch ohne das Ausstellungskonzept ihre eigenständige Qualität.
Jedes Kunstwerk entwickelt seine eigene Art von Witz.
- Exponat 1 von Susanne Kohler: The Experiment Table, 2011; Eine aufwändig konstruierte Maschine zeichnet unter großem Lärm Bleistiftstriche auf eine Platte
- Exponat 2 von Maureen Jeram: Goya + Manet + Godart + El Greco + Rembrandt + Rubens + Ingres, 2011; Gemäldeserie von Gummistiefeln jeweils unterschiedlich arrangiert und beleuchtet
- Exponat 3 von Geoffrey Garrison: Walls, 2011; Notenblätter mit einem Liedtext über Wände hängen an der Wand; die Musik, die mit dem daneben hängenden Kopfhörer zu hören ist, stammt von einem altertümlichem Tasteninstrument, z. B. einem Cembalo, und ist rein instrumental
- Exponat 4 von Vajra Spook: For immediate release, 2011; Textkopien auf Sockel
- Exponat 5 von Paul McDevitt, Perception, Reality, Opinion, 2011: Zeichnungen, dicht über- und nebeneinander gehängt
- Exponat 6 von Declan Clarke, I don´t deal in Certainty, I deal in Doubt, 2011
Diaschau:
Dias, die eine Farbe an die Wand projizieren
Dias mit Bildern im Comicstil
Dias mit Berliner Ansichten
Dias, die Geschichten erzählen: zwei Männer an einem Ehrenmal mit Kränzen zeigen verstohlen Kunstwerke; in Schubladen finden sich ein Buch (Imperialismus der BRD) und Geld
Das Titelbild der Einladungskarte zeigt eine Flut von handgeschriebenen Buchstaben, dicht neben- und übereinander gesetzt. Die Ausstellungen von Essays and Observations arbeiten häufig mit ausführlichen Texten in englischer Sprache, was die meisten Deutschsprachigen an die Grenze ihrer Sprachkompetenzen bringt. Auch hier wird der Text zum visuellen Kunstwerk.