KUNSTGESPRAECH

TEXTE: REZENSIONEN

Geisterbahn

Geheimgesellschaften - Secret Societies, 23.06. - 25.09.2011, Kunsthalle Schirn, Frankfurt a. M.

kuratiert von Cristina Ricupero und Alexis Vaillant (Paris), mit Abel Auer, Art & Language, Dan Attoe, Armin Boehm, Enrico David, Kaye Donachie, Tim Ellis, Gretchen Faust, Uwe Henneken, Jenny Holzer, Joachim Koester, Terence Koh, Elad Lassry, Fabian Marti, Goldin+Senneby, Markus Schinwald, Ulla von Brandenburg, Carl Michael von Hausswolff und Michael Esposito, Cerith Wyn Evans, Lisa Yuskavage und anderen

WandfarbeHistorisierend, rätselhaft, mystisch, esoterisch versammeln sich Kunstwerke vor auffälliger Kulisse: Neongelbe Wände oder halbdunkle Räume. Den Kunstwerken "steht" die Präsentation, aber sie hätten sie nicht nötig gehabt. Im White Cube hätten sie ihre Wirkung ebenso entfaltet. Hier illustrieren die Kunstwerke aber die These vom Geheimbund. Da wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, die Aussage durch zu viele Ausrufezeichen verwässert: Gerade das subtile Spiel der heutigen Kunst wird unmöglich. Die Kuratoren greifen die Täuschung und Vielschichtigkeit heutiger Kunst auf und potenzieren dies zur eindimensionalen Aussage. Das mag für einen Teil des breiten Schirn-Publikums sinnvoll sein, weil auch der kunstferne Besucher etwas zu schauen findet. Für die Kunst macht diese Inszenierung, die nur verstärkt, was schon ist, keinen Sinn.

In den letzten Jahren gab es bei den Kinofilmen einen Trend zum Genre Horror: Eine alltägliche Szene wandelt sich plötzlich zur Hölle; was als Reaktion auf den 11. September, Guantanamo und Kriegsgeschehen interpretiert wurde. Die politische Wirklichkeit wird bei der Präsentation aber durch deren historisierenden Schwerpunkt ausgeklammert. Die Schau verkommt zur Geisterbahn, wie es Catrin Lorch in ihrer interessanten Rezension [1] charakterisiert. Dennoch – trotz all dieser kritischen Einwände – ist die Ausstellung sehenswert: Vor allem wegen der Kunstwerke, aber auch, weil sie etwas anderes versucht.

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[1] Catrin Lorch: Wie die Schirn einmal die Geisterbahn baute. Anstatt "Geheimgesellschaften" zu zeigen, setzt die Frankfurter Ausstellungshalle auf Budenzauber, Süddeutsche Zeitung vom 09.08.2011

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