ASTA GRÖTING, Familienwerkbänke, 19.03. – 23.04.2011, Galerie carlier | gebauer, Berlin
Welchen Wert genießen Hobby, Kunst und Kreativität in unserer
Gesellschaft? 14 Tische und Werkbänke stehen im Raum. Teilweise sind sie
mit Utensilien wie Nähmaschinen oder Zeichenschienen bestückt.
Teilweise sind sie leer. Eltern von Künstlern und Kulturschaffenden
benutzten die ausgestellten Werkbänke für eine der Kunst nahe liegende
Tätigkeit, die entweder im angewandten Bereich lag oder nur Hobby war.
Die Eltern "werkten" nicht nur, sie malten, arbeiteten beruflich
grafisch, schrieben Poesie. Die Informationen, wie, warum und wann die
Eltern die Werkbänke nutzten, sind auf kleinen Ausstellungstafeln zu
lesen, aber leider nicht im Internet zugänglich. Die Qualität einer
beruflichen Tätigkeit wird heute auch an der Möglichkeit gemessen, sich
kreativ einzubringen. Grötings Familienforschung der Kreativität liefert
zu dem aktuellen Thema einen Beitrag.
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CARSTEN FOCK, Kosmos der Angst, 26.02. – 16.04.2011, Galerie September, Berlin
Kunst
als Musikstück mit einer Melodiestimme aus Malerei vor einem
Hintergrundrefrain aus S/W-Fotografien. Kunst zeigt kollektives
Gedächtnis: S/W-Fotografien, die historisch wirken, Malerei, die mit
großer subjektivistischer Geste antritt, dabei aber anonym bleibt.
Bilder, die austauschbar wären. Ein Blick auf unsere Kulturgeschichte,
auf unser Bild von Bildern, auf ein zeitgemäßes Heimatmuseum. Die
Fotografien beziehen sich auf die 1970er und 1980er Jahre. Die gemalten
Bilder hängen an Holzstützen, die im Raum stehen. Die Malerei ist gut
gemacht, genialisch, giert nach Aufmerksamkeit, wird aber von der
Bildertapete in Schach gehalten. Auch die Fotos bleiben allgemein,
werden nicht persönlich, wirken als Masse, nicht als Einzelbild.
Fotografie und Malerei stehlen sich gegenseitig die Schau. Die Malerei
offenbart große Gefühle und Gesten, die sich selbst entlarven. Keine
Botschaft oder Aussage wird deutlich. Wir sehen ein Archiv.
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NAIRY BAGHRAMIAN, Formage de tête, 29.04 – 25.06.2011, Galerie Daniel Buchholz, Berlin
Alles
wurde Form: Tafeln mit Angaben zum Werk, Textblatt, sonst kuratorisches
Beiwerk, mauserten sich hier zum gleichwertigen Exponat. Der Prozess
des Formgebens geschieht ständig auf individueller wie
gesellschaftlicher Ebene und kennzeichnet die Arbeit des Künstlers, der
aus Gedanken Materie formt. In der Galerie stehen entspannte Tische,
deren biegsame Gummiplatten sich auf den Untergestellen räkeln. Dinge
hinterließen auf ihnen ihre Abdrücke bei der Produktion, dem Gießen. Die
Tafeln listen diese Dinge exakt auf. Die Gussformen selbst stehen neben
den enthemmten Tischen. Der Text spannt einen Bogen vom philosophischen
Bild des sich verweigernden Tisches zu einem französischen Wortspiel,
das das Formen als Arbeit des Koches darstellt. Fotos eines "Koches"
stehen für den Künstler. In diesem Ausstellungssystem übernimmt jedes
Exponat eine Funktion.
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CLAUDIA WIESER, Muster und Formen, 30.04. – 11.06.2011, Galerie Ben Kaufmann, Berlin
Die Reformbewegung um 1900 sollte die Gesellschaft auf gute Weise für
die Moderne rüsten – und scheiterte darin. Heute drohen Globalisierung,
Computerzeitalter, aber niemand will mehr rüsten. Das ist der aktuelle
Bezug einer auf die Vergangenheit gerichteten Ausstellung, deren
Exponate politische Verweise aussparen. Verwiesen wird auf die
Kunstgeschichte: Auf Arts & Crafts und Schwesterbewegungen, bei
denen Moral gleich Design war; auf die 1920er und 1980er Jahre;
verwiesen wird auf die Kunst: Nicht nur die Videos zeigen, wie die
Augentäuschung Perspektive entsteht. Wandfüllende Fotografien,
Skulpturen, Grafiken und Videos fügen sich zu einer bühnenartigen
Installation, die bis ins kleinste Detail stimmig ist. Die Exponate
verweisen aufeinander, auf den Kosmos der Geschichte und formen ein
Gesamtkunstwerk.
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KITTY KRAUS, 29.04. – 04.06.2011, Galerie Neu, Berlin
Tod, Hinrichtung, abgeschlagener Kopf – faszinierende Konnotationen,
wenn auch etwas unangenehm. Hauptwerk der Ausstellung ist der Text
"Dekaputkapitalisation" zum Thema der Hinrichtung durch die Guillotine.
Als Textcollage wechseln sich Passagen im historischen und literarischen
Duktus ab. Die Metallskulptur "Es wird behauptet … noch auf habe"
bezieht sich auf eine Textstelle und ist ein Zwitter aus Schädelschale
und Helm. Die Halogenlampen könnten durch Textexegese auf den fließenden
Strom im Gehirn, also das Denken, bezogen werden. Weitere Exponate gibt
es nicht, nur den Text. Mit seinen eng gedruckten Fluten ist er so gut
wie unlesbar und endet mitten im Wort. Offen bleibt Kitty Kraus' Haltung
und Bezug zum angerissenen Thema. Soziologisch? Biografisch? Offen
bleibt der Bezug zur Gegenwart.
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TOMAS SARACENO, @ATELIERFRANKFURT, 06.05. – 16.06,2011, AtelierFrankfurt, Frankfurt am Main
Science not Art – Tomás Saracenos Kunst entwirft das Bild einer Welt,
nach der sich die Menschen sehnen. Saraceno entwirft Utopien einer
sonnendurchschienenen Welt ohne Böses. Natur und Wissenschaft sind hier
verbunden. Die Neue Welt ist durchsichtig, rein und doch komplex. Alles
ist miteinander verbunden, hat seinen Sinn, seine Funktion im großen
Ganzen. Eine Utopie der Logik und Naturwissenschaft, die der realen Welt
mit ihren undurchschaubaren Krisen und Kriegen diametral entgegensteht.
Im Raum ist eine polygonale Form aus sechseckigen durchsichtigen
Acrylplatten mit integrierten Sonnenkollektoren imit einem Netz
verspannt. Die Annexräume dienen als Lager und Labor für eine beständige
Transformation der Ausstellung. Im Video balancieren Menschen eine
große Heliumblase auf dem Wasser, mit der Saraceno später abheben wird.
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MIROSLAW BALKA, Nonetheless, 30.04. – 25.06.2011, Galerie Nordenhake, Berlin
Humor
ist, wenn man trotzdem lacht. Der polnische Künstler Miroslaw Balkas
spart keine ernsten Themen aus: NS-Zeit, Kindheit, Katholizismus. Doch
Balka zeigt seine Objekte exorziert von möglichen Schrecken in einem
friedlichen warmen Licht. Die Ausstellungsräume sind mit Wenig bestückt.
Das Wenige atmet die Aura des Archäologischen. Es wirkt wertvoll,
endlich geborgen, errettet. Ausgestellt sind: ein Backstein,
Holzkonstruktionen, Plastiktabletts. Polnischer Humor lässt den Alltag
glänzen. Drei gemusterte Plastiktabletts, mit Messingscharnieren
verbunden, hängen dekorativ an der Wand. Ein viertes liegt auf dem
Boden. Ein Armband für einen riesigen Ritter? Die Tabletts sind aus dem
polnischen Kulturministerium, kommunistische Ära. Das Glas Wasser, das
auf dem hohen galgenartigen Holzgerüst steht, ist leer, nicht mal halb
voll – eine visuelle Fußnote. "Nonetheless", nichtsdestoweniger,
immerhin.
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TOBIAS PUTRIH, A, H, O, I ! ..., 29.04. – 25.06.2011, Galerija Gregor Podnar, Berlin
Putrihs
Skulpturen erinnern an Architekturen, aber auch an organische und
kristalline Strukturen. Die Titel der Skulpturen bestehen aus nur einem
Zeichen und konstruieren gemeinsam den Ausstellungstitel: "A, H, O, I,
!, ..." ("Hallo! ..."). Putrih zeigt neben den Skulpturen auch
Zeichnungen und Reliefs. Das Gemeinsame ist die Dominanz der Struktur,
die sich aus vielen kleinen ähnlichen Elementen ergibt. Dies ist das
Prinzip der japanischen Architektengruppe "Metabolisten", auf die sich
Putrih neben anderen Utopisten bezieht. Da Putrihs Skulpturen das
Funktionale durch das rein Konstruktive ersetzt haben und es keine
Referenz zu Sinn oder Funktion gibt, wirken die Skulpturen als
ästhetische konstruktive Struktur. Auch die Funktionen von
Ameisenhügeln, Bienenwaben oder Spinnennetzen erschließen sich nicht
ohne biologische Kenntnisse. Putrihs Skulpturen wirken ähnlich fremd.
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NINA CANELL, Matter of the Heart, 29.04. – 04.06.2011, Galerie Konrad Fischer, Berlin
Kunst
für Deuter und Denker: Es ist wenig zu sehen. Alles ist durchsichtig
(Glas, Acrylglas Wasser) oder kaum vorhanden (weiße Schnüre vor weißer
Wand) oder am Verschwinden (durchgelaufene Schuhsohlen, eine Reihung
kleiner werdender Glocken und Holzpfosten). Synästhetische Reize: Eine
Pflanze vibriert im Rauschen eines Lautsprechers, die Glocken, Noten.
Die Exponate können zu einer poetischen Phantasie verleiten. Das
Wassermotiv taucht bei den hängenden, mit Wasser gefüllten Glasröhren
auf, schwingt leise bei den Holzpfosten mit und erfüllt sich bei den
gerahmten Noten: "Neptune, the Mystik". Die Glöckchen mutieren zu
Schiffsglocken, die vergeblich unter Wasser läuten. Die Noten bedeuten
den Musikern ein Leiser-Werden bis zum Verstummen. Eine Phantasie über
Ertrinken, Verschwinden im Nichts.
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ANTON HENNING, Bildschön, 15.04. – 04.06.2011, Galerie Loock, Berlin
Elefantengraue
Rechtecke auf zartgrauer Wand rahmen farbige Malerei. Picasso, van
Gogh? Traditionell gerahmt. Der Einsatz von Strukturpaste wurde nicht
gescheut. Skulpturen aus einer Sammlung mit Schwerpunkt auf Klassischer
Moderne und 1950er Jahre? Hier wird die Ausstellung einer
zeitgenössischen namhaften großen Galerie in Berlin beschrieben.
Realsatire, aber liebevoll. Henning verzichtet auf ironische Gesten. Er
stellt seine Werke nicht bloß, sondern lässt sie einfach sein. Inhalt
und Form wagen sich so mutig in die geschmähten Bereiche des
bewusstlosen Kitsch der Bildungsbürger vor, dass klar ist: Henning meint
es nicht 100 Prozent. Es entsteht ein interessanter Zwischenraum:
Malerei über Malerei, Malerei mit soziologischem Blick, als
Gesellschaftanalyse, Malerei über unser Kunstleben. Henning ist die Lady
Gaga der Malerei.
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MARTIN CREED, Paintings, 29.04. – 25.06.2011, Johnen Galerie, Galerie 1, Berlin
Klassisch
bedeutet Malerei Zweidimensionalität mit Vortäuschung des
dreidimensionalen Raumes. Creed führt die dafür nötigen Techniken
losgelöst von Sinn und Zweck vor. Seine Bilder zeigen Streifen. Mal
formieren die sich zu einem räumlichen Muster, vorzugsweise Rauten, mal
gruppieren sie sich zu einem Gebäude. Mit durchnummerierten Bildern
imitiert Creed Fließbandproduktion und zeigt so Bad-Painting-Manieren.
Malerei hängt er auf Wandmalerei, Streifen auf Streifen. Die Grenze
zwischen Hoher und angewandter Kunst ist aufgelöst. Dank Reduktion auf
ein ABC der malerischen Techniken Farbauftrag, Pinselstrich und
Perspektive wird die Malerei selbst zum Thema. Sehen ist Selbstzweck.
Sinn und Inhalt aufgelöst in der Form. Creeds Video "Thinking / Not
Thinking" zeigt uns dieselben Themen. Es bleibt Klarheit, Witz,
Ästhetik.
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The Cannibal’s Muse II, 08.06. – 24.06.2011, Autocenter on location "Based in Berlin", Atelierhaus Monbijoupark, Berlin
mit Nader Ahriman, Michael Bauer, Lutz Braun, Katinka Bock, André
Butzer, Dadarhea, Verena Dengler, Matthias Dornfeld, Mark Flood, Pink
Floyd, Sebastian Hammwöhner, Kalin Lindena, Stefan Müller, Martin
Neumaier, Janne Räisänen, Stefan Rinck, Ezra Pound – kuratiert von Max
Henry
Die
Exponate in Max Henrys Schau zeigen alle möglichen Stile aus naher und
ferner Vergangenheit, kunsthistorische Verweise, bedienen diesen und
jenen persönlichen Geschmack. Sie sind Malerei, Skulptur, Installation,
Video, sogar Literatur. Sie hängen oben und unten an den Wänden, stehen
auf dem Boden. Sie umspannen zeitlich ein weites Spektrum. (Das Gedicht
"Homage to Sextus Propertius I", 1919, von Ezra Pound erweitert das
Spektrum deutlich.) Worum geht es Max Henry, der eine Aussage zur
zeitgenössischen Kunst machen will? Nicht um Stil, Medium, Machart,
Inhalt oder Präsentation. Gerade die Beliebigkeit dieser Parameter, die
früher eine künstlerische Position abgrenzten, formt die künstlerische
Haltung. Hinter der äußeren Form steht für Max Henry das "Eine", das er
nur andeutet, auch mit Hilfe Ezra Pounds: "Et in arcadia ego"?
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AL FADHIL & AISSA DEEBI, My Dreams Have Destroyed My Life. Some Thoughts on Pain, 29.04. – 26.06.2011, Art Laboratory Berlin
Wie den persönlichen Schmerz und Verlust künstlerisch verarbeiten?
Art Laboratory Berlin zeigt Werke zweier Künstler, die hier ihre
schwierige Biografie zum Ausgang ihrer Kunst nehmen: Verlust der Heimat
und Identität im Exil, Verlust von Familienangehörigen, Verlust eines
sinnvollen Lebensweges – der Schmerz überlagert das Poetische, das den
Kunstwerken durchaus innewohnt. Das Biografische bleibt im Vordergrund:
Ausführliche Texte der Künstler informieren über Fakten und Details des
persönlichen Schicksals. Überwiegt der Schmerz, die Wut, ist es
verständlich, nicht von der Person zum Allgemeinen zu abstrahieren. Doch
ist das nicht eine Eigenschaft der Bildenden Kunst? Kunst wird hier zum
Übermittler einer persönlichen Botschaft, die für Außenstehende nur
fragmentarisch nachzuvollziehen ist. Es bleibt ein farbiger Eindruck des
Schmerzes.
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Press Releases, 21.05. – 02.07.2011, Ausstellungsraum Essays and Observations, Berlin
Susanne Kohler, Maureen Jeram, Geoffrey Garrison, Vajra Spook, Paul McDevitt, Declan Clarke
Die
Galeristen wurden Choreographen, das Ausstellungkonzept zur
Choreographie. Im Kopf der Besucher von "Press Releases" hüpfen die
Gedanken hin und her. Was war zuerst da? Kunstwerk oder "Press Release"?
Text und Werk sind zwar einander zugeordnet, haben aber auf den ersten
Blick nichts und auf den zweiten ein wenig miteinander gemein. Das
irritiert. Handelt der Text vom Kunstwerk oder nicht? Als "Press
Releases" getarnt, liegen die Texte an der dafür üblichen Stelle aus. In
dieser Funktion sind sie nicht zu gebrauchen, denn Künstlernamen,
Ausstellungstitel und Ort sind durch XYZ, XXX und ZZZ ersetzt. Auch sind
die Texte irritierend eigenständig. Sind sie Kunstwerke? Texte und
Kunstwerke sind für sich vielschichtig. Als Partner werden sie noch
vielschichtiger. Eine Ausstellung über Kunstrezeption und
Ausstellungmachen.
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Group Show, 10.06. – 31.07.2011, Galerie Neu, Berlin
Lukas Duwenhögger, Nick Mauss, Birgit Megerle, Katharina Wulff, Amelie von Wulffen
Malen
oder nicht malen – das ist hier die Antwort. Die "Group Show" umkreist
das Medium Malerei, ohne ihm zu gefährlich nah zu treten. Amelie von
Wulffen zeigt Malerei, aber Retro-Aquarelle, die sich in Form und Motiv
von der Malerei abheben, die sich heute auf Kunstmessen verkauft. Lukas
Duwenhögger malt, zeigt in der Ausstellung aber einen Film. Katharina
Wulff malt, zeigt im Hauptraum der Ausstellung aber ein Glasfenster.
Birgit Megerle malt, zeigt in der Ausstellung aber Kleider und
Fotografien. Dieses Ausweichen in verwandte Nachbardisziplinen ist eine
Antwort auf die zeitgenössische Kunstkritik, bei der sich die Lager
(noch) so unterscheiden: Die politisch tendenziell konservativen
Traditionalisten loben Malerei, während die politisch tendenziell linken
Avantgardisten sie als rückwärtsgewandt verdammen. Die "Group Show"
sucht einen Raum zwischen den Fronten.
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SUNAH CHOI, 17.06. – 27.08.2011, Galerie Cinzia Friedlaender, Berlin
Einerseits
Minimal Art, andererseits Alltägliches von der Straße. Zwei
Absperrgitter stehen im Ausstellungsraum. An ihnen sind Papierstreifen
und Bänder in den Farben Rot, Grün, Gelb befestigt. Die Papierstreifen
erinnern formal an die Spuren abgerissener Plakate und Zettel im
Straßenraum. Beim genauen Hinschauen wird aber deutlich, dass sie
sorgfältig beschnitten und auf den Gitterstäben arrangiert wurden. Das
Gitter bietet so mehrere Minimal Art-Detailbilder, bei denen sich
Gitterstruktur und Farbstreifen ergänzen. Sunah Choi übersetzt das im
Straßenraum vorgefundene Bild in die Minimal Art. Sie übersetzt auch die
flüchtige, aggressive Geste aus dem Straßenraum in die sorgfältige
künstlerische und kunsthand-werkliche Handlung des Kunstraums. Diese
Übersetzung des Alltäglichen in Minimal-Art-Kompositionen nutzt sie
häufig bei ihrer künstlerischen Arbeit.
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ØYSTEIN AASAN, Solo-Show, 30.04. – 04.06.2011 (bis Ende Juni verlängert), PSM Gallery, Berlin
Die
zeitgenössische Kunsttheorie fordert in der Regel von der Kunst, dass
sie über ästhetische Fragestellungen hinaus geht und sich um
gesellschaftliche Bezüge bemüht. Um 1920 waren ästhetische und
gesellschaftliche Fragen nicht nur kein Gegensatz: Ästhetische Lösungen
beförderten die gesellschaftliche Veränderung. Denn neue Architektur-
und Designformen, die sich industriell fertigen ließen, verbesserten den
Lebensstandard für die "Masse". Das moderne Design war eine Vision der
demokratischen, durchlässigen Gesellschaft. Aasan belegt das zentrale
Gittermotiv seiner Ausstellung mit fotografischen Quellen um die
Klassische Moderne. Er dockt seine Installation an dieser Epoche an und
visioniert ihr ästhetisches Funktionieren als gesellschaftliche
Relevanz. Zumal die Vision von damals heute ästhetische Banalität ist
(Hochhäuser, Baumarktprodukte).
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AGNIESZKA SZOSTEK, Firma, 18.06. – 30.07.2011, Galerie Ben Kaufmann, Berlin
Der
vordere Galerieraum ist extrem gut einsehbar. Er erlaubt den flüchtigen
Blick aus dem vorbei fahrenden Auto. Meist hängt Malerei nur im
hinteren, nicht einsehbaren Raum. Szostek aber hat ihre großformatigen
Gemälde in den vorderen Raum gehängt. Ihre stark reduzierten Bildmotive
variieren innerhalb des gesteckten Rahmens. Jedes der Motive zitiert
einen anderen Bedeutungszusammenhang und Stil: Logo, Abstrakte Malerei,
Jugendstil, Ornament. Der Malerei Szosteks geht gestaltende Suche am
Computer voraus, wo sie visuelle Zeichen mit kunsthistorischen Vorlagen
und alltäglichen Gegenständen verbindet. Einzelne Elemente setzen sich
im Mix durch und geben dem Bild seine spezifische Wirkung. Szosteks
Kunst präsentiert sich selbstbewusst unironisch und verknüpft narrative,
assoziative Elemente mit formalen aus der Kunstgeschichte.
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IAN LAW, Add a description, 10.06. – 30.07.2011, Galerie Plan B, Berlin
Malerei
mit der Waschmaschine. Ian Law wusch Papier zusammen mit roten
T-Shirts. Jetzt liegen rotbräunliche Papierklumpen am Eingang des
Galerieraumes auf dem Boden und weiter hinten die gefalteten rosa
T-Shirts. An der Wand hängen gefärbte grünliche Tücher. Auf den
Tischuntergestellen liegen Leinwände wie Tischplatten. Sie sind weiß und
leer bis auf die wenigen Stellen, an denen kurze, meist
handschriftliche Texte stehen. Diese Ausstellung spricht von Malerei und
traditioneller Kunst und negiert im gleichen Atemzug ihre Anwesenheit.
So spricht sie von der Abwesenheit. Das Faltblatt zur Ausstellung hat
auf der Rückseite einen extrem dünn und klein gedruckten englischen Text
zur Kunsttheorie. Dieser handelt von "Decreation". Die Dekonstruktion
ist die Herstellungsweise der meisten ausgestellten Exponate und das
Ziel der Präsentation.
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FLACA / TOM HUMPHREYS, 09.07. – 11.09.2011, Portikus, Frankfurt am Main
mit Will Benedict, Karla Black, Michael Beutler, Henning Bohl, Jana
Euler, Ellen Gronemeyer, Claire Hooper, Paul Lee, Laure Prouvos, Nora
Schultz, Lucie Stahl, Sue Tomkins, Alexander Wolff
Der
Geist der "Flaca"-Ausstellungen von 2003 bis 2007, das Miteinander von
Künstlern und Gastgeber-Kurator-Künstler Tom Humphreys in dessen
Londoner Wohnhaus, ließ sich nicht in eine Flasche sperren und beim
Portikus frei lassen. (Wenn auch einige Kunstwerke durch Raum und Zeit
gereist sind.) So erklärt sich aber das kuratorische Konzept. Und so
lenkt die Ausstellung den Blick auf die Kommunikation mittels Kunst, die
Künstler heute untereinander zelebrieren. Darauf weisen im Sommer 2011
auch die Beiträge einzelner historischer und aktueller Berliner
Ausstellungsinitiativen für "based in Berlin" hin. Denn aus der Not,
dass wenige Künstler von etablierten Institutionen entdeckt werden und
sich hauptsächlich Künstler für Kunst interessieren, wuchs (wieder
einmal) die Tugend der alternativen Ausstellungsformen.
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SONIA LEIMER, uns so weiter, 10.06. – 07.08.2011, basis, Frankfurt am Main
Die
Concept Art veränderte den Kunstbegriff: Die Anweisung für die
Herstellung des Kunstwerks, die Beschreibung, wurde zum eigentlichen
Kunstwerk, das auch dann bestand, wenn die Beschreibung nicht ausgeführt
wurde, da die Imagination das Visuelle nachreichen kann. Ein radikal
philosophisches Konzept, das einige Zeit wirksam wurde, dann aber bei
den vielen anderen künstlerischen Konzepten "abgelegt" wurde. Eine
melancholisch-ironische Variante dieses Konzepts präsentiert Sonia
Leimer, indem sie Rudolph Heintzes Brief groß an die Ausstellungswand
schreiben lässt. Dieser beschreibt ausführlich sein inzwischen
abgebautes Kunstwerk, das einst im öffentlichen Raum stand. Ein Video
zeigt den staatlich eingelagerten Stapel Kunst. Das Kunstwerk besteht
nur noch in Beschreibung, Stapel und Imagination. Im Grunde eine
radikale Präsentation von Kunst.
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Based in Berlin, 08.06. –
24.07.2011, Atelierhaus Monbijoupark, KW Institute for Contemporary Art,
Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, Neuer Berliner Kunstverein
n.b.k., Berlinische Galerie
80 Künstler
Was ist der Sinn von 'Leistungsschauen', 'Rundgängen', 'Offenen
Ateliers' und anderen Mammutveranstaltungen? Dass das Publikum sie mag.
Für die Künstler bedeuten sie Kompromiss: mangelnde Räume mit
durcheilenden Besuchern. Based in Berlin wird gut besucht, auch von
Touristen. Die 5 über die Stadt verteilten Orte bieten unterschiedliche
Ausstellungsqualität. In der Berlinischen Galerie zeigt nur ein Künstler
in mehreren Räumen seine humorvolle Installation. Der Hamburger Bahnhof
mit großzügiger Fläche für eine Handvoll Künstler und Besucher
hinterlässt die Wirkung einer wichtigen Kunstschau, und die Präsentation
in KW und NBK ist ausreichend oder gut. Im Atelierhaus Monbijoupark
dagegen drängen sich Kunst und Besucher. Umso mehr ist der vom
'Autocenter' bespielte Raum zu loben: Auf kleinstem Platz präsentiert
sich das dichte kuratorische Statement Max Henrys.
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Le Bal des Débutants, 01.07. – 06.08.2011, Galerie Klemm's, Berlin
mit Luc Chopplet, Pierre Descamps, Mikael Dufresnes, Fanny Durand,
Florian Fouché, Jean-Charles de Quillacq, Christophe Lemaitre, Jan Kopp,
Maxime Thieffine, kuratiert von Le Bureau: Marc Bembekoff, Garance
Chabert, Aurélien Mole, Julie Pagnier, Céline Poulin, Emilie Villez
Das
Kuratieren setzt die künstlerische Arbeit in der Ausstellung fort. Es
kann zu einer eigenen Kunstform werden, indem dessen Techniken
experimentell hinterfragt werden. Die Gruppe 'Le Bureau' vereinbart für
ihr kollektives Kuratieren vorab Regeln. Hier u. a. das Verwenden von
Trennwänden, die ein Moment der Überraschung für die Besucher
ermöglichen sollen. Die Kunstwerke verbinden sich mit den Trennwänden
und verändern sich durch die Erweiterung. Dies entspricht der offenen,
beiläufig wirkenden Gestaltung der Kunst. Der Galeriekontext wird durch
die Trennwände ausgehebelt, wirkt 'under construction'. (Ein Passant
fragt, ob die Ausstellung gerade aufgebaut werde.) Die Paravents sind
ein starker kuratorischer Eingriff. Sie dominieren die Ausstellung. Die
Kunstwerke müssen mit ihnen in Interaktion treten.
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The Art of Narration changes with Time, 08.06. – 10.09.2011, Galerie Sprüth Magers, Berlin
kuratiert von Gigiotto Del Vecchio, mit Peter Coffin, Moyra Davey,
Thea Djordjadze, Alex Hubbard, Rosalind Nashashibi, Joao Maria Gusmao,
Pedro Paiva, Margaret Salmon, Oscar Tuazon, Klaus Weber
Leinwände,
Fotografien, Skulpturen, Installation, Videos – alles da, sachlich,
aufgeräumt, zurückhaltend. Nichts Besonderes? Thema ist die
Wechselwirkung von Zeit und Erzählung, die Gigiotto Del Vecchio in
seinem assoziativen, fast poetischen, in der Aussage ungreifbar
bleibenden Text
beschreibt. Del Vecchio deutet mehrere Lesarten des Titels an. Es gilt,
den Moment zu packen, wo Zeit und Erzählung unerwartet und überraschend
verändert werden können. Das sagt genau genommen nichts aus. Man könnte
es auch mit "Zeitgeist" umschreiben. Das allgemeine Thema erlaubt aber
die Kombination arrivierter Künstler mit unterschiedlichen Positionen,
bei denen es sich lohnt, tiefer zu schürfen. So gelingt der Schau die
Balance zwischen übergreifendem Thema, aktueller Position und
individuellen Exkursen. Die künstlerischen Positionen bekommen in dieser
Gruppenausstellung ihren Raum.
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Geheimgesellschaften - Secret Societies, 23.06. - 25.09.2011, Kunsthalle Schirn, Frankfurt a. M.
kuratiert von Cristina Ricupero und Alexis Vaillant (Paris), mit
Abel Auer, Art & Language, Dan Attoe, Armin Boehm, Enrico David,
Kaye Donachie, Tim Ellis, Gretchen Faust, Uwe Henneken, Jenny Holzer,
Joachim Koester, Terence Koh, Elad Lassry, Fabian Marti, Goldin+Senneby,
Markus Schinwald, Ulla von Brandenburg, Carl Michael von Hausswolff und
Michael Esposito, Cerith Wyn Evans, Lisa Yuskavage und anderen
Historisierend,
rätselhaft, mystisch, esoterisch versammeln sich Kunstwerke vor
auffälliger Kulisse: Neongelbe Wände oder halbdunkle Räume. Den
Kunstwerken "steht" die Präsentation, aber sie hätten sie nicht nötig
gehabt. Im White Cube hätten sie ihre Wirkung ebenso entfaltet. Hier
illustrieren die Kunstwerke aber die These vom Geheimbund. Da wird das
Kind mit dem Bade ausgeschüttet, die Aussage durch zu viele
Ausrufezeichen verwässert: Gerade das subtile Spiel der heutigen Kunst
wird unmöglich. Die Kuratoren greifen die Täuschung und
Vielschichtigkeit heutiger Kunst auf und potenzieren dies zur
eindimensionalen Aussage. Das mag für einen Teil des breiten
Schirn-Publikums sinnvoll sein, weil auch der kunstferne Besucher etwas
zu schauen findet. Für die Kunst macht diese Inszenierung, die nur
verstärkt, was schon ist, keinen Sinn.
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Geheimgesellschaften – Secret Societies, Kunsthalle Schirn, Frankfurt a. M.
The Art of Narration changes with Time, Galerie Sprüth Magers, Berlin
The Cannibal’s Muse II, Autocenter on location "Based in Berlin"

Drei Ausstellungen zeitgenössischer Kunst von drei Kuratoren diesen
Sommer. Trotz unterschiedlicher Thesen gibt es eine Schnittmenge der
ausgewählten Kunst, die man unter das Motto stellen könnte: Nichts ist
so wie es scheint. Trompe-l'œil, Mimikry, Zitat – die Kunstwerke
erschließen sich nur mit intellektueller Arbeit. Sie nutzen die
traditionellen Formen Malerei, Skulptur, Installation, Video. Doch der
flüchtige Blick täuscht: Hinter der gewohnten Fassade verbirgt sich eine
ungewöhnliche Idee oder Machart. Dieses Merkmal zeitgenössischer Kunst
griffen die Kuratoren auf und interpretierten es mit ihren
Ausstellungsideen. Sonst sind die Ausstellungen unterschiedlich, nicht
nur in Bezug auf Ort, Institution und Marktlevel. Das besondere
Präsentieren nach einem visuell kommunizierenden Konzept prägt zunehmend
Einzel- und Gruppenausstellungen.
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Ich bin der Welt abhanden gekommen. Karl May – Live-Hörspiel mit Oliver Augst / John Birke / Marcel Daemgen, 9./10./11.12.2011, Atelierhaus basis, Frankfurt am Main
Oliver Augst, John Birke, Marcel Daemgen sitzen in einer Reihe. Vor
sich Mikrofone, Laptops und Plattenspieler. Im Atelierhaus basis gibt es
ein Tonstudio aus Landesbildstelle-Zeiten. Ein "Live-Hörspiel" wird
hier an drei Abenden öffentlich aufgenommen. Es gibt digitale
Tonkonserven, Schallplatten, Musikinstrumente, Verabredungen per Skript.
Was aber exakt wann stattfindet, wird spontan entschieden. Motor ist
der Text Birkes. Der Text eint O-Töne Karl Mays, mit Texten über ihn,
samt eigenen Texten Birkes. Live und Konserve mischen sich, Stimmen der
Sprecher überlagern sich ebenso wie die Sichtweisen auf Karl May, der
sich seine Welt erfand, weil er mit der wirklichen Welt nicht
zurechtkam. Was ist Lüge, was wahr? Hat Karl May ein "Ave Maria"
komponiert, damit Winnetou zum Christ werden kann?
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Interview Ben Kaufmann am 20.12.2011, Galerie Ben Kaufmann, Berlin
Am
20.12.2011 spreche ich mit Ben Kaufmann in seiner Galerie. Anlass ist,
dass seine Galerie, die ich sehr geschätzt habe, zum Jahresende
geschlossen wird. Intensiv und ausführlich legt Ben Kaufmann seine
Intentionen für Gründung und Aufbau seiner Galerie dar, beschreibt die
neuen Formate, die er gegen Ende seiner Arbeit kreierte, um die
herkömmliche Tätigkeit des Galeristen zu erweitern, sowie die Gründe für
die Schließung der Galerie. Roter Faden des Gesprächs ist Ben Kaufmanns
Haltung zum Leben und der Kunst, die sich gerade auch aus der
Auseinandersetzung mit meinen Thesen und Fragen heraus schält. Ben
Kaufmann beschreibt, wie er seine Rolle als Galerist empfunden hat. Zu
diesem Interview erscheint in Kürze ein weiterer Beitrag, der die
Leistungen der Galerie in den Kontext der Kunstentwicklung einordnet.
Zum Interview
MARTIN BOYCE / LASSE SCHMIDT HANSEN im Gespräch mit Renate Wiehager, Conceptual Tendencies 1960s to Today. Werke der Daimler Kunst Sammlung, 12.01.2012, Daimler Contemporary, Haus Huth, Berlin
Martin
Boyce ergreift dynamisch das Wort und würzt den Vortrag über seine
künstlerische Arbeit mit britischem Humor. Wir erfahren, dass der Keim
für den gerade erhaltenen Turner-Preis bei einem Stipendien-Aufenthalt
in Berlin gelegt wurde. Boyce beschäftigte sich – ausgehend von den
Skulpturen der Brüder Martel, die in den 1920er Jahren in Beton
gegossene Bäume in den öffentlichen Raum platzierten – selbst mit dem
Baummotiv und verband dies später mit einer selbst entwickelten Schrift.
So entstanden variationsreiche skulpturale Elemente: Gitter, hängende
Skulpturen, "Tische", Bodenplatten (Skulpturenprojekt Münster 2007), aus
denen Boyce für seine prämierte Installation schöpfte. Thema all dieser
Elemente: Kunst imitiert Natur. Das Publikum sitzt auch auf den
Steinen von Boyce' Installation, was nicht so geplant war. Boyce ist
bereits der zweite Redner.
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A Material World, 14.01. –
18.02.2012, PSM Gallery, Berlin mit Carsten Nicolai, Niko Princen,
Katarzyna Przezwanska, Florian & Michael Quistrebert, Olve Sande,
Timur Si-Qin, kuratiert von Carson Chan
Immaterialität,
Information kontrastiert mit sinnlicher Materie: In 'A Material World'
versammelt Kurator Carson Chan Statements zu unserer sich verändernden
Wahrnehmung der Dinge im Zeitalter des Internet. Eine riesige goldblaue
"Fahne" mit Fransen und Lochmuster aus Leinwand hängt im gelbgekachelten
Nebenraum als Verweis auf materielle Verlockungen, die Madonnas
titelgebender Song verheißt. Im (wieder einmal) dunklen Hauptraum Google
Street View-Impressionen als Symbol für eine Internetwelt. Bodenfugen
sind mit fluorisierender Farbe gefüllt. Bodennahe Projektionen zeigen
ästhetische physikalische Lichtspiele. Diesen immateriellen Werken sind
wenige materielle entgegengesetzt: Eine mittelhohe installative
rechteckige Skulptur, an einem Podest eine Tasche mit schweren Steinen
vom Ostseestrand. Die sparsam gesetzten Arbeiten, Leere und
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JAN PETER HAMMER, The Fable of the Bees, 13.01. - 11.02.2012, Supportico Lopez, Berlin
'That
which is seen and That which is unseen' heißt das Kunstwerk, das am
stärksten im Kopf haften bleibt, weil man es nicht sehen muss, um es zu
konsumieren. Das, was man dann sieht, ist nicht das, um was es geht: Der
Mann mit grauen Haaren setzt sich an den schlichten Bürotisch vor seine
hellgraue, kleine Kasse, vermeidet den Augenkontakt und fühlt sich
sichtlich unwohl. Er ist Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes. Seine
Tätigkeit heute Abend: Eine Parabel des Kapitalismus verkörpern. Er
bewacht das Geld, mit dem er am Ende entlohnt wird. Er ist Sklave seines
Lohns. Seine Individualität ist für den Job sonst und auch jetzt
unwichtig. Er darf auch nicht fotografiert werden. Der Titel des
Kunstwerks bezieht sich auf Maximen unseres Wirtschaftssystems, lässt
sich aber auch auf die künstlerische Vorgehensweise beziehen: Als
abstraktes Sprachbild funktioniert es auch. Stark.
Informationen
OKWUI ENWEZOR / MONA HATOUM im Gespräch im Rahmen von MP6, Meeting Points, Contemporary Art Festival from the Arab World, 14.01.2012, Haus der Kulturen der Welt, Berlin
'Zivilgesellschaft
und Kunst' – eigentlich sollte dies Thema des Vortrags werden. Ob das
Thema verfehlt oder doch eingelöst wurde, ist Ansichtssache oder zeigt
das 'weite Feld', das die Pole 'Kunst' und 'Politik' markieren. Okwui
Enwezor schätzt an der Kunst Mona Hatoums besonders die politische
Bedeutung ihrer Kunstwerke. Hatoum beantwortet Enwezors Fragen nach der
Entstehung ihrer 'politischen' Kunstwerke mit privaten Gründen, die sich
außerdem aus der aktuellen Situation ergaben, nicht aus einem
übergeordneten Plan. Parallel zum Gespräch werden Schwarz-weiß-Fotos von
Hatoums Performances aus den späten 1970er und frühen 1980er Jahren
hinter die Diskutanten projiziert. Diese Performances zeigen eine
radikale Bildsprache, die durch die schwarz-weiße Dokumentation noch
unterstrichen wird.
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TEXT TEXTILE TEXTURE, 10.03. – 18.04.2012, Galerie Barbara Weiss, Berlin
mit Monika Baer, Thomas Bayrle,
Geta Brătescu, Ayșe Erkmen, Friederike Feldmann, Christine & Irene
Hohenbüchler, Jonathan Horowitz, Jim Isermann, Jennifer Jordan, Ivan
Morley, Rebecca Morris, Susanne Paesler, Mai-Thu Perret, Rosemarie
Trockel und Suse Weber
 Blick in die Ausstellung mit Arbeiten von Christine & Irene Hohenbüchler, Thomas Bayrle, Ayșe Erkmen (Foto: Kirsten Kötter) "Text
Textile Texture" – mit diesem Titel und der Künstlerauswahl eröffnet
die Galerie Barbara Weiss, Berlin, einen weiten Assoziationsraum. Der
neuerwachte künstlerische Seitenblick auf politische Prozesse, das zarte
Revival der 1970er Jahre in Kunstausstellungen, die immerwährende Suche
nach unverbrauchten Materialien für Kunstwerke: Die Gründe für die
Verwendung von textilen Materialien im aktuellen Kunstkontext sind
vielfältig. Stoff ist ein weiches, warmes, passives Material und deshalb
bestens geeignet, soziale, organische Prozesse zu symbolisieren (oder
gar zu befördern, wie bei den "Werksätzen" von Franz Erhard Walther).
Texture oder Struktur, ein weiterer Bestandteil des Titels, ist ein
wichtiger Begriff der Soziologie und damit natürlich auch der 1970er
Jahre. Die Gemeinsamkeit des Webens und Strukturierens von Text und
Stoff ist offenkundig. Nun handelt es sich um eine Gruppenausstellung,
auch diese ein Gewebe mehrerer Künstlerpositionen. Keine der folgenden
Aussagen trifft jeweils auf alle Arbeiten zu. Doch bilden sich
Schwerpunkte.
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"Perspektiven der Berliner Off-Spaces",
14.04.2012, Diskussions veranstaltung, organisiert durch den
Förderverein "Freundeskreis AUTOCENTER e.V." , mit: Dr.
Heike Fuhlbrügge (Souterrain), Sonja Ostermann (Essays and
Observations), Oliver Koerner von Gustorf (September), Moderation:
Dominikus Müller (frieze d/e), Autocenter, Berlin
Der Freundeskreis Autocenter c.V. veranstaltete im Offspace
Autocenter eine Diskussion zum Phänomen der Offspace-Galerie und lud
dazu Berliner Offspace-Galeristen ein: die Kunsthistorikin Dr. Heike
Fuhlbrügge von "Souterrain", die Künstlerin Sonja Ostermann von "Essays
und Observations", den Kunstkritiker und - berater Oliver Koerner von
Gustorf ("September"). Moderiert wurde die Veranstaltung von Dominikuns
Müller (frieze d/e), der selbst den Offspace "Studio" am Kottbusser Tor
betreibt.
Einig waren sich die Galeristen, dass sie aus ihrer Arbeit einen
ideellen Gewinn ziehen können, jedoch keinen materiellen. Positiv wird
die Möglichkeit gewertet, kunsthistorische Berufserfahrung zu sammeln
(Dr. Fuhlbrügge) oder praktischen künstlerischen Austausch zu betreiben
(Ostermann). Finanziell sind die Offspaces aber nicht lukrativ; selbst
die Unkosten kommen normalerweise nicht herein. Die Galeristen müssen
drauf zahlen: für Miete, Werbung (z.b. einem Eintrag im "Index").
Dennoch kann ein Offspace billiger arbeiten als eine Galerie, wie
Koerner von Gustorf herausstellt, der "September" zuerst als Galerie
betrieb und nun im Offspace- Format weiter machen möchte, um mehr
Freiheiten für seine Arbeit zu erhalten.
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LETIZIA CALORI & VIOLETTE MAILLARD, Interview (in English): Fire, 10. – 12.02.2012, Rundgang der Staatlichen Hochschule für Bildenden Künste, Städelschule, Frankfurt am Main
Letizia Calori & Violette Maillard arbeiten seit zwei Jahren
gemeinsam. Sie teilen alle Arbeitsschritte von Idee über Konzept bis hin
zur Umsetzung. Für den Rundgang der Städelschule haben die
Gaststudentinnen aus der Klasse Tobias Rehberger die Installation "Fire"
konzipiert. Die besticht durch klare Form ohne Langeweile. Diese
Klarheit erlaubt es, Emotion mit Philosophie zusammen zu bringen. Fire
ist eine Art konstruktiver Wigwam, der aus Holzdreiecken außen und rotem
Stoff innen besteht. Fire kommt chic daher wie ein Designmöbel und
entpuppt sich dann wild in seiner Bedeutung als Feuer. Letitzia und
Violette erzählen über Ideen und Arbeitsschritte. Letizia Calori
& Violette Maillard work together since two years. They share the
work through all stages from concept to implementation. The guest
students in the class of Tobias Rehberger designed the installation
"Fire" for the "Rundgang Städelschule".
more and Interview
from the sea through the city to the country, 24.05. – 27.05.2012, Kreuzberg Pavillon, Berlin
mit Mourre Frais, Undine
Goldberg, Jennifer Jordan, Giovanni Lami, Stefan Müller, Jens Nippert,
Viviane Robin, Giovanna Sarti, Giorgia Severi, Jelena Trivic, Alessandro
Vitali, Klaus Winichner, kuratiert von Giovanna Sarti

11 Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre Arbeiten in der von
Giovanna Sarti zusammen gestellten Ausstellung. 3 Künstlerpaare und
weitere Weggefährten von Sarti, die an der Städelschule (Hochschule für
Bildende Künste Frankfurt am Main) studierte und später nach Berlin
ging. Im Moment pendelt sie zwischen ihrem Heimatland Italien und
Berlin. Sarti hat bereits in Frankfurt am Main eine Ausstellungsreihe in
ihrem Atelier kuratiert und mit dem Katalogfolder "blattspezial" ein
neues Format für künstlerische Zusammenarbeit ausprobiert (http://www.blattspezial.org/). Die meisten der ausstellenden Künstler sind aus Berlin, einige von Ihnen haben die Berliner Aufbruchszeit mitgestaltet, sind von namhaften Galerien vertreten oder engagieren sich für die Berliner Kunst- und Kulturszene.
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Pressekonferenz mit Geschäftsführer
Bernd Leifeld, Kasseler Oberbürgermeister Bertram Hilgen, Ministerin für
Wissenschaft und Kunst Eva Kühne-Hörmann und Documenta-Leiterin Carolyn
Christov-Bakargiev
Nach
einer Performance - Ceal Floyer, Nail Biting Performance - und den
Grußworten kündigt Carolyn Christov-Bakargiev ihre "lecture" an ("kindly
relax"). Sie bittet die Fotografen um eine Fotopause und beginnt den
Vortrag. Später wird ihr Vortrag als zu abgehoben, zu "universitär"
kritisiert werden. Die Fragen aus dem Publikum später werden deutlich
machen, dass sie sich oft von der Presse missverstanden fühlt.
Vielleicht kommt sie bei ihrem Vortrag aber einfach nicht auf den Punkt.
Denn alles was sie sagt, klingt richtig und gut. Es könnte aber auch
eine Platitüde sein. Wir hören ihre Gedanken jedenfalls nicht
vollständig, denn mitten darin, beginnt sie zu kürzen und legt ein
Dutzend DIN-A4-Seiten ungelesen beiseite - jede mit dem Wort "skip"
(überspringen). Das bringt ihr Lacher und Beifall.
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Wittgenstein Goes Classic (Performance): Wittgenstein Compositions, M.A. Numminen (Kompositionen, Gesang), Mia Huhta (Sopran), Quintet Defunensemble, 07.06.2012, 18.00
M.A.
Numminen vertonte in den 1960er Jahren Ludwig Wittgensteins
philosophische Abhandlung "Tractatus Logico-Philosophicus" als
Rocksongs. Die trägt er einmalig vor. Denn es ist seine Stimme und
seiner Person, die diese Mischung aus absurd und genial trägt. In einem
20 Jahre alten Musikvideo interpretiert der noch jüngere Numminen den
Text noch mit Bewegungen: In einem gestreiften Schlafanzug hockt er im
bläulichen Licht und stützt sich hinten mit den Armen ab. Abwechselnd
schwingt er sein linkes und rechtes Bein munter in die Höhe oder beide;
oder er tanzt ... Gelenkig, rhythmisch und schön anzusehen und sehr
eigen und absurd. Und immer auf dem Punkt. Es ist seine Mischung aus
Bescheidenheit, Ruhe, Gelassenheit, Selbstbewusstsein, die seinen Humor
so macht, wie er ist.
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Noa Eshkol, Wall Carpets, 20.11. - 23.03.2014, Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen, Rüsselsheim
Die Israelin Noa Eshkol lebte von 1924 bis 2007. Als Tänzerin und
Choreographin setzte sie sich in den 1950er Jahren mit der
internationalen Tanzentwicklung auseinander und begründete eine
Tanztheorie. Sie war in der Tanzszene international bekannt, aber kein
Massenstar. Eshkols Wandteppichproduktion blieb von der Kunstszene so
gut wie unbeachtet. Was fasziniert heute an der künstlerischen
Persönlichkeit Eshkols? Noa Eshkol, deren Arbeiten gerade in einer
Ausstellung in Rüsselsheim gezeigt werden, verfolgte als Tänzerin und
Choreographin einen anderen künstlerischen Weg als mit ihren
Wandteppichen. Eshkols Kunstformen "Tanz" und "Teppich" ergänzen sich
wie zwei Seiten einer Münze. Dank des Revivals der Klassischen Moderne
samt "Gesamtkunstwerk" wirkt die Kombination von Tanz und Wandobjekt
zeitgemäß und interessant.
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Solid Signs. New Frankfurt Internationals, 23.01. - 26.04.2014, Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Main (und Nassauischer Kunstverein Wiesbaden)
Markus Walenzyk, Simon Speiser, Jonas Weichsel, Daniela Kneip
Velescu, Christiane Feser, Helena Schlichting, Florian Albrecht-Schoeck,
Jessica Sehrt, Khaled Barakeh, Pia Linz, Bianca Baldi, Valentin
Beinroth, Gunter Deller, Michel Klöfkorn, Dorothee Diebold, Johanna
Kintner, Att Poomtangon, Florian Haas, Helga Schmidhuber, Emilia
Neumann, Vytautas Jurevicius
Solid Signs. New Frankfurt Internationals, 23.01. - 26.04.2014, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden (und Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Main)
Tracer, Anne Imhof, Sofi Zezmer, Simon Fujiwara, Pennacchio
Argentato, Andrew de Freitas, Stefan Stark, Özlem Günyol & Mustafa
Kunt, Jessica Sehrt, Sandra Kranich, Carolin Liebl & Nikolas
Schmid-Pfähler, Alfred Boman, Jagoda Bednarsky, Genoveva Filipovic,
Lucie Stahl, Raphaela Vogel, Kristallo, Jol Thomson, Benjamin Patterson,
Bernhard Schreiner, Michel Klöfkorn, Vytautas Jurevicius, Romuald
Karmakar
Site-specific Research Symposium 60 Jahre Documenta, 17.- 18.07.2015, Kassel

17.07.2015, 10:10 - 10:40, Begrüßung, Einführung / Welcome, Introduction,· Aquarell / watercolour, 17 x 24 cm
Die Situation. Der Raum – bekannt von den documenta-Ausstellungen –
ist monumental und karg. Das Licht gedämpft. Durch die Beleuchtung
werden Schatten an die Wände projiziert. Die Vorträge. Einführende
Worte, später: Beschreibungen, Annäherungen. Wie Einführungen so sind
(aber das bleibt auch so.)
The situation. The space is monumental and austere. You know this
room from the documenta exhibitions. Dimmed lights. Tender shadows on
the walls. The lectures. Introductory remarks, later descriptions,
approximations. Typical introductions (but it does not change later.)
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Site-specific Research documenta 14, April 6-9, 2017, Athens
Documenta 14 in Athens has a political ambition. But several statements are incompatible. On the one hand, the curators try to overcome boundaries with an internationalist intention - this was expressed in the opening press conference. On the other hand, the curators sometimes celebrate historical rebellions in the exhibition and ignore that these were extremely nationalistic. Documenta is inconsistent. Many single statements and points of view are contradictory. This diversity reduces the significance.
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Site-specific Research re:publica 17, May 8-10, 2017, Berlin

Site-specific research: I produce logs, abstracts, scetches and notes. #rp17
What is "Framing"? I learned it from Elisabeth Wehling (Die Macht der Sprachbilder - politisches Framing und neurokognitive Kampagnenführung, re:publica 17, 08.05.2017, 16:00-17:00, Stage 1) The "Framing" of the re:publica 2017: colourful, playful, artistic, happy, maybe a little, little bit childish. The speakers are framed with colourful boxes, spatially placed. They look like big canvases but they are screens. They remind me of my own exhibitions with canvases spatially placed in the middle of rooms. The speakers stand in front of big projection screens. It is dark with pink and yellow light spots. They create shades of light. My brush shadows light pink or green shades on my white paper. The "Framing" of re:publica 2017 is like a water colour by itself.
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Site-specific Research Improvisohrium, ab 28. März 2017, Wiesbaden
Das Improvisohrium ist eine offene Bühne für improvisierte Musik. Es findet statt jeden letzten Dienstag im Monat im KunstHaus am Schulberg in Wiesbaden. Man kann teilnehmen oder einfach nur zuhören.
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Site-specific Research documenta 14, June 7-9, 2017, Kassel
Athens and Kassel are documenta-14-siblings. So you get the possibility
- to trace the development of works of art (e.g. "The Round-up Projekt: Kokkinia" by Mary Zygouri)
- to experience the same work of art at two different places (e.g "When Elephants Fight, It Is the Frogs That Suffer" by Ben Patterson)
- to witness works of art which connect the two places
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Spektral-weiß. Die Erscheinung kolonialzeitlicher Europäer*innen, HKW – Haus der Kulturen der Welt, 01.11.2019 – 06.01.2020
Nichts ist so wie es auf den ersten Blick scheint. Auch Weiß vereint in sich die Farben des Regenbogens. Denn die hier ausgestellten Skulpturen und Objekte, die Zeichnungen, sind nicht einfach so Zeugnisse eines fernen Kontinents ...
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